Der Venkataraman II



Bei dieser Aktion habe ich zusammen mit Thomas Kohn, Nicole Fetzer und Sascha Keller einen Katamaran aus Getränkeverpackungen gebaut. Es sollte wie sein Vorgänger aus Tetrapaks "Venkataraman" heissen, benannt nach dem Indischen Physiknobelpreisträger Sir Chandrasekhara Venkata Raman.



links: Sir Chandrasekhara Venkata Raman
rechts: Baker-Venkataraman-Umlagerung


Die Schwimmkörper sollten diesmal Einweg-Pfandflaschen sein, von denen wir uns eine hohe Stabilität erhofften. Es hat etwa ein Jahr gedauert, alle 512 Flaschen mit Mineralwasser, Orangenlimonade, Cola, Apfelschorle und Traubenschorle zu trinken. Diese haben wir dann mit mehreren Fuhren in die Uni transportiert.



Die Baumaterialien: Flaschen, Klebeband, Palette und Grill


Um die Flaschen untereinander zu befestigen, haben wir bei einem Online-Auktionshaus günstig 36 Rollen Europackband erstanden, von denen wir letztendlich jedoch nur 24 Rollen brauchten. Als Grundgerüst sollte ein Bettgestell dienen, das wir auf dem örtlichen Recyclinghof für 10 Euro erwarben. Ein Grill sollte ebenfalls auf dem Boot montiert werden, um unterwegs Würstchen und Steaks grillen zu können. Hierfür war eine große Holzplatte einer Palette vorgesehen, die als einigermaßen feuerfeste Unterlage dienen sollte.



Ich auf einem Berg von 512 prall aufgepumpten Flaschen ohne Etikett


Zunächst dachten wir, die Flaschen einfach ohne weitere Behandlung verwenden zu können, jedoch zeigte sich durch die Lagerung ein unschöner Effekt: Limonadenreste führten vor allem in den Flaschen mit "süßem" Inhalt zu Gärungsprozessen, die offensichtlich Sauerstoff verbrauchten und so die Flaschen während der Lagerung allmählich einschrumpeln ließen. Solche Flaschen konnten natürlich nicht zu stabilen Bündeln zusammengeklebt werden. Um dieses Problem zu beheben, wurde in jede Flasche eine Verschlusskappe flüssiger Stickstoff eingefüllt und anschließend der Deckel schnell wieder verschlossen. Durch das Verdampfen des flüssigen Stickstoffs baute sich in der Flasche ein Druck auf und die Flasche wurde schön prall, vergleichbar mit einem gut aufgepumpten Fahrradreifen. Zudem entschlossen wir uns, die Etiketten der Flaschen zu entfernen, da diese sich im Wasser auflösen könnten und so die Stabilität der Flaschenbündel verringern könnten.



Thomas klebt die Flaschen zu 16er-Bündeln zusammen


Die mit Stickstoff aufgepumpten und "entkleideten" Flaschen wurden nun mit Klebeband zu straffen Viererbündeln zusammengeklebt, anschließend diese Bündel zu Achterbündeln und schließlich zu 16er-Bündeln in Rautenform. Jeweils die Hälfte der Flaschen wurde zum linken und rechten Schwimmkörper des Katamarans zusammengesetzt und mit üppig Klebeband fixiert.



Alle 512 Flaschen, zu Bündeln zusammengeklebt


Da das Bettgestell bauartbedingt nicht sehr zug- und torsionsstabil war, wurde es mit einigen Spax-Schrauben sowie üppig Klebeband verstärkt, um ein Auseinanderreissen des Venkataramans bei starkem Seegang zu verhindern. Anschließend wurden die Schwimmkörper an das Bettgestell geklebt und die Holzpalette an den hinteren Teil des Floßes befestigt. Der Holzkohlegrill wurde mit drei Spax-Schrauben auf die Holzplatte geschraubt.



Montage des Bettgestells auf die Schwimmkörper


Nun galt es, den Venkataraman von seinem Bauort in der Uni zum See zu transportieren. Wir packten also alle Gegenstände obendrauf und machten uns auf in den Ortsteil Egg, wo wir den Katamaran zu Wasser ließen.



Der fertige Katamaran passt gerade so in den Lastenaufzug!


Wir stellten fest, dass er erstaunlich stabil im Wasser lag und es kein Problem darstellte, darauf zu sitzen. Um gut voranzukommen, hatten wir ein Paar Ruder von einem Schlauchboot dabei. Das Proviant und Gegenstände, die nicht nass werden durften, bewahrten wir in einr verschließbaren Platiktonne auf. Die rosa Luftmatratze stammt übrigens von einer Physiker-Party, da lagen ziemlich viele davon rum :-)



Der Katamaran beim Schwimmtest


Die Fahrt begann nun im Hafen des Ortsteils Egg am Sonntagmorgen um ca. 9 Uhr. Den ursprünglichen Plan, nach Meersburg und wieder zurück zu fahren, verwarfen wir aufgrund der ungünstigen Windverhältnisse. Wegen des Gegenwindes war ein Vorankommen nur mit größter Kraftanstrengung möglich. Sobald wir mit dem Rudern aufhörten, wurden wir von Wind und Wellen zurückgetrieben.



Während der Fahrt auf dem Bodensee


Schließlich erreichten wir nach ca. 3 Stunden den Fährehafen. Von dort an war der Gegenwind nicht mehr so stark, so dass wir auch mit geringerem Kraftaufwand vorankamen. Trotzdem hatte der Venkataraman aber keine besonders günstigen Strömungseigenschaften, was vermutlich an der Form der Plastikflaschen lag...



Sascha und ich beim Kartenspielen


Zu Mittag gab es Würstchen auf dem bordeigenen Holzkohlegrill. Zunächst war es wegen der Windverhältnisse nicht ganz einfach, die Kohlen anzuzünden (wir verwendeten Isopropanol), als dieses jedoch gelang, funktionierte das Grillen super!



Würstchengrillen auf hoher See


Bemerkenswert war, dass der Grill extrem stabil auf dem Boot befestigt war und selbst hohe Wellen vorbeifahrender Schiffe diesem nichts anhaben konnten. Steaks waren kein Problem, jedoch mussten die Berner Würstchen (siehe Foto) aufgrund ihrer runden Form bei hohem Seegang festgehalten werden, da sie sonst vom Grill gerollt wären.



Ende der Fahrt kurz vor der alten Rheinbrücke


Als wir nach ca. 8 Stunden Fahrt die Steestraße vor der alten Rheinbrücke erreichten, kam ein Boot der Wasserschutzpolizei auf uns zu. Der Polizist sah sich unser Gefährt an und stellte fest, dass unser Venkataraman nicht den gültigen Vorschriften entsprach: Da er länger als 2.50 Meter war, hätte er eine Zulassung gebraucht. Also wurden wir vom Polizeiboot mit einem dicken Seil an Land gezogen und die Fahrt war zu Ende. Strafe mussten wir keine zahlen, aber der Polizist informierte die lokale Presse:



Artikel aus dem "Südkurier"


An Land angekommen, enschlossen wir uns, den Venkataraman auseinanderzubauen. Eigentlich war es vorgesehen, auf dem Rhein bis nach Wollmatingen zu fahren und von dort aus den Venkataraman bis zur Wohnung vom Thomas zu tragen, wo er im Keller gelagert werden sollte. Da wir nun aber mitten in der Stadt waren, der Venkataraman in kein Auto passt und ziemlich schwer ist, entschlossen wir uns, ihn auseinanderzubauen. Das Holz wurde also fachgerecht entsorgt und die leeren Flaschen mit zwei Autos zum Aldi gebracht. Der Marktleiter war allerdings nicht sonderlich erfreut, habe er doch kürzlich einen vollautomatischen Flaschenrückgabeautomat angeschafft und nun bringen wir über 500 Flaschen ohne Etikett, die der Automat nicht erkennt!





Rückgabe der leeren Flaschen beim Aldi


Trotzdem verlief die Rückgabe der Flaschen problemlos, die freundliche Kassiererin zählte sie von Hand und wir bekamen 126,50 Euro Pfand erstattet. Die fehlenden 6 Flaschen fanden wir auch noch, sie lagen unter den Sitzen im Auto. Übrigens, was wir vergessen hatten: Jede Flasche war bei der Rückgabe noch mit ca. 2 bar Stickstoff gefüllt. Was wohl passiert ist, als die Flaschen geschreddert wurden? Man weiß es nicht...



So günstig kauft man gerne ein!








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